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Rituale der Ratlosigkeit

News of the World: Landtagswahlen in Baden-Würtemberg, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt. Durch die föderale Struktur ist in Deutschland eigentlich ständig Wahlkampf. Stets steht die Bundesregierung zur Abstimmung, obwohl lediglich in Bundesländern abgestimmt wird. Doch das gehört dazu. Bei allen drei Wahlen in Baden-Würtemberg, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt wurde bestehende Regierungskoalitionen abgewählt, aber gleichzeitig die Amtsinhaber die stärkste politische Kraft.

Baden-Würtemberg
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Die Partei von Ministerpräsident Winfried Kretschmann wurde mit 30,3 Prozent erstmals stärkste Partei in einem Bundesland. Gleichzeitig verlor aber der Koalitionspartner SPD (12,7 %, minus 10,4) mehr als zehn Prozent, so dass Kretschmann in der CDU (27 %, minus 12) einen neuen Regierungspartner finden wird: Grün-Schwarz statt Grün-Rot. Alternativ wäre eine Deutschland-Koalition möglich, wenn die FDP (8,3 %) diese nicht ausgeschlossen hätte. No-Go-Areas in Baden-Würtemberg sind der Norden von Mannheim und Pforzheim. Dort holten AfD-Kandidaten je ein Direktmandat. Die Piraten (21.773) erhielten übrigens weniger Stimmen als die NPD (23.605), beide 0,4 Prozent.

Rheinland-Pfalz
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Die in Umfragen favorisierte Julia Klöckner (CDU, minus 3,4%) konnte gegen Malu Dreyer (SPD, plus 0,5) nicht gewinnen, allerdings verliert die SPD (36,2 %) ihren Koalitionspartner Grüne (5,3 %, minus 10,1). Neben der großen Koalition (Rot-Schwarz) wäre eine Ampel (Rot-Gelb-Grün) möglich, denn mit der AfD (12,6 %) will keiner regieren – nicht einmal die AfD.

Sachsen-Anhalt
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In Sachsen-Anhalt gibt es nur einen Gewinner. Das ist die AfD mit 24,2 Prozent (plus 24,2). Die große Koalition verliert ihre Mehrheit, weil sowohl CDU (29,8 %, minus 2,7) als auch SPD (10,6 %, minus 10,9) Wähler verlieren. Unter Duldung der Linke (16,7 %, minus 7,4) könnten man vielleicht weiter regieren, oder sich zusätzlich mit den Grünen (5,2 %, minus 1,9) in einer Kenia-Koalition wiederfinden. Die FDP (4,9%, plus 1,1) scheitert an der 5-Prozent-Hürde.

Unabhängig von jeweils landespolitischen Aussagen waren die Wahlen überschattet von der sogenannten Flüchtlingskrise, in der die große Koalition im Bund mit ihrer inzwischen revidierten Politik der offenen Landesgrenzen rechter Stimmungsmache eine offene Flanke bot.
Auch, wenn Politik jetzt unbequemer zu werden scheint, so hat doch die Demokratie gewonnen, denn in allen drei Ländern stieg die Wahlbeteiligung. Baden-Würtemberg (70,4 %, plus 4,2), Rheinland-Pfalz (70,4 %, plus 8,6) und Sachsen-Anhaltn (61,1 % plus 9,9). Am stärksten mobilisiert die AfD bei den Nicht-Wählern, so dass das aufgeklärte Argument Demokratie wählen nicht verfängt.

Eine Vorhersage für die Bundestagswahlen 2017 ist schwierig. Es kann noch zu viel passieren: Lybien, Syrien, Trump und Ukraine von außen. Innerhalb der EU droht ein Brexit und die Schuldenkrisen in Griechenland, Italien und auch Frankreich sind keineswegs überwunden. Die innenpolitische Entwicklung in Deutschland ist angesichts von Seehofer (CSU) und AfD auch unklar.
Bis zur Bundestagswahl 2017 sollte sich Angela Merkel überlegen, mit wem sie regieren will, denn die SPD dürfte sich bis dahin in die Bedeutungslosigkeit verabschiedet haben.

[ Mit Material von wahl.tagesschau.de ]

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