»Die Beleidigten aller Fraktionen feiern gerade Karneval«, schrieb Wiglaf Droste verwundert in der taz. Und in der Tat ist es nicht leicht, sich einen Reim darauf zu machen, wie »zutiefst beleidigt, zutiefst schockiert, zutiefst unentspannt« (W.Droste) sich gewisse, auf Krawall gebürstete Zeitgenossen zurzeit gerieren, wenn Fernsehkameras auf sie gerichtet werden, weil vor Monaten eine dänische Tageszeitung zwölf – nunja – Karikaturen des Propheten Mohammed veröffentlichte. Und Gottseidank – Oh Gott! – glücklicherweise scheint es an nahöstlichen Brausebuden ja auch eine hinreichende Zahl von Danebrogs gegeben zu haben – dänische Flaggen – die man TV-gerecht anzünden oder hinter Mopeds herschleifen oder auf denen man mit der ganzen Familie herumtrampeln kann.
Lesenswert ist dazu allemal die Bestandsaufnahme vom Beginn dieser Bilder-Geschichte des Skandinavien-Korrespondenten der »Frankfurter Rundschau« (FR), Hannes Gamillscheg unter dem trefflichen Titel »Karikatur der Kulturen«, der auch die unfreundliche Ausländerpolitik Dänemarks noch einmal Revue passieren lässt. Und noch, so hoffe ich doch, ist niemand ernstlich zu Schaden gekommen, verletzt oder gar getötet worden, oder? Dann ist es ja gut. Übrigens hat die FR auch ein recht umfangreiches Dossier zum Thema »Islam verstehen« online gestellt, in dem etwa der Kairo-Korrespondent darlegt, dass es eben kein unwiderrufliches Bilderverbot im Islam gibt.
Was uns hier wiederum direktemang zum Mohammed Image Archive führt, in dem man sich die Mühe machte, Abbildungen dieses Propheten aus den vergangenen Jahrhunderten, von religiösen Motiven über mittelalterliche Holzschnitte bis hin zu allerhand »Witzbildchen« inklusive der zurzeit umstrittenen dänischen Arbeiten zusammen zu stellen. Es sind so viele, dass diese Seite eine recht lange Ladezeit hat.
Gewiss auch, weil sie so oft aufgerufen wird in diesen unseligen Tagen, in denen man unbedingt einmal wieder an Kurt Tucholsky erinnern sollte (Schriftsteller, Demokrat, Pazifist, Antimilitarist) dessen Todestag sich am 12. Dezember 2005 zum 70. Mal jährte. Sein berühmter Aufsatz »Was darf Satire?« begann 1919 mit einem noch recht aufgeräumten Satz »Wenn einer bei uns einen guten Witz macht, dann sitzt halb Deutschland auf dem Sofa und nimmt übel«. Auf den aktuellen Anlass umgemünzt: Leider sind nur wenige der Mohammed-Witze gut, einige sind sogar Scheiße. Ob das in Wahrheit die Leute runter vom Sofa & rein ins Getümmel treibt: Für bessere Witze über den Propheten?
Wie auch immer; es gibt dabei kein Vertun, so Tucholsky, in dessen Augen die Satire alles darf: »Die Satire muß übertreiben und ist ihrem tiefsten Wesen nach ungerecht. Sie bläst die Wahrheit auf, damit sie deutlicher wird, und sie kann gar nicht anders arbeiten als nach dem Bibelwort: Es leiden die Gerechten mit den Ungerechten.« Da müssen wir nun – so scheint’s – alle durch.