Digitalisierung am Donnerstag. Die heute verfügbare Digital ID ist eine neue Möglichkeit für Benutzer:innen, eine ID in Apple Wallet mit Informationen aus ihrem US-Pass zu erstellen und sie mit der Sicherheit und dem Datenschutz des iPhone oder der Apple Watch zu präsentieren. Schauen wir uns einmal an, vor welchen Herausforderungen die Verwaltung in Deutschland steht, wenn es um das Thema Digitalisierung geht.
Die Digitalisierung der deutschen Verwaltung steht an einer epochalen Wegmarke, gefordert durch den demografischen Wandel und die gestiegenen Ansprüche der Bürgerinnen und Bürger. Während andere Länder längst digitale Pionierarbeit leisten, tastet sich Deutschlands Verwaltung vielerorts vorsichtig voran – gebremst von alten Strukturen, föderalen Reibungsverlusten und dem Mangel an Fachkräften. Doch wie kann der digitale Aufbruch gelingen, wenn der gesellschaftliche Wandel unaufhaltsam voranschreitet?
Architektur, Personal, Bürgernähe
Wer Formulare in Papierform für überholte Relikte aus einer anderen Zeit hält, erlebt im deutschen Behördenalltag häufig eine Enttäuschung. Zwar gibt es Fortschritte: Rund 60 Prozent der Verwaltungsleistungen sind nach aktuellen Studien inzwischen auch online verfügbar, doch vielerorts bleibt die Digitalisierung Flickwerk – je nach Bundesland, Kommune und Ressort höchst unterschiedlich. Der digitale Flickenteppich ist das Resultat eines komplizierten Föderalismus, dessen unterschiedliche IT-Standards und Zuständigkeiten zentrale Lösungen erschweren.
Dabei ist die Gesellschaft weiter als ihre Verwaltung: Bürgerinnen und Bürger erwarten intuitive, barrierefreie und rund um die Uhr verfügbare Services. Der Druck wächst, nicht zuletzt angesichts des demografischen Wandels. Während die Verwaltung um Nachwuchs ringt, werden zugleich immer mehr Verwaltungsprozesse gebraucht – von der Pflegeberatung bis zur Rentenberechnung. Die bestehenden technischen Infrastrukturen halten mit diesen Anforderungen kaum Schritt und stoßen an ihre Grenzen
Fachleute skizzieren für den digitalen Staat der Zukunft vor allem drei Säulen: Erstens eine gemeinsame IT-Architektur mit offenen Schnittstellen, die Behörden vernetzt und Doppelarbeiten vermeidet. Expertise rät, veraltete Silos abzuschaffen und auf zentralisierte, serviceorientierte Plattformen zu setzen, die echte End-to-End-Prozesse ermöglichen – von der Antragstellung bis zur automatisierten, rechtsverbindlichen Bescheidübermittlung. Zweitens einen Kulturwandel in der Personalentwicklung: Es braucht neue Qualifikationen, lebenslanges Lernen und digitale Führungskompetenz. Verwaltungsjobs müssen attraktiver werden, etwa durch flexible Modelle, offene Innovationskultur und Beteiligung an der Gestaltung von Abläufen.
Drittens steht die Bürgerorientierung im Mittelpunkt: Zentrale Portale, KI-gestützte Assistenten und verständlichere Formulare sind Voraussetzungen dafür, dass alle – auch ältere Menschen oder Menschen mit Behinderung – digitale Angebote nutzen können. Besonders mit Blick auf den demografischen Wandel heißt das: Die Verwaltung darf niemanden abhängen, sondern muss auf persönliche Beratung und digitale Assistenz gleichermaßen setzen. Open Data und automatisierte Prozesse können Behördengänge abkürzen, dürfen den Schutz sensibler Daten dabei aber nie vernachlässigen.
Perspektiven und Politik
Viele kommunale wie staatliche Projekte zeigen: Fortschritt ist möglich, aber er verlangt Mut zur Einheitlichkeit, Investitionen und entschlossenes politisches Handeln statt kleinteiliger Kompromisse. Ohne eine Modernisierungsagenda, die durch Bund und Länder getragen, ausfinanziert und flächendeckend umgesetzt wird, drohen Deutschland Rückstände – mit Folgen für Standortqualität und gesellschaftliche Teilhabe. Die Verwaltung der Zukunft muss als Dienstleister auf Augenhöhe überzeugen, innovativ und zugänglich sein und sowohl den Bedürfnissen junger als auch älterer Generationen gerecht werden.
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Der digitale Aufbruch der Verwaltung entscheidet sich nicht nur an technischen Schnittstellen, sondern an der Frage, wie wir gesellschaftlichen Wandel gestalten wollen. Nur wenn der Staat Mut zur Veränderung zeigt, Digitalisierung als gesamtgesellschaftliche Aufgabe begreift und gezielt in Personal, Technologie und Bürgerorientierung investiert, kann die Verwaltung auch künftig gerecht, effizient und bürgernah bleiben. Die Zeit drängt – und der gesellschaftliche Wandel duldet keine Verwaltung im Zeitlupentempo mehr. Denn Deutschland steht vor einem Dreiklang aus Infrastruktur-, Prozess- und Personalherausforderungen bei der Digitalisierung der Verwaltung.