Sonntagsfrage. Die Union befindet sich seit der Entscheidung von Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU), die Waffenexporte nach Israel im Kontext des Gaza-Kriegs zu beschränken, in einer erheblichen internen Krise. Die CSU fühlt sich durch Merz’ Alleingang übergangen und kritisierte nicht nur die Entscheidung selbst, sondern auch fehlende Abstimmung auf Spitzenebene. In CDU und CSU gibt es offene Enttäuschung und sogar Entsetzen, insbesondere unter den jüngeren sowie konservativen Parteimitgliedern, für die die Solidarität mit Israel als unantastbar galt.
Knapp 100 Tage nach Amtsantritt ist die Zufriedenheit mit der Bundesregierung deutlich gesunken. Kanzler Friedrich Merz verliert in den Umfragen an Zustimmung. 30 Prozent sind mit seiner Arbeit zufrieden, 59 Prozent unzufrieden. Das ist schlechter als beim Vorgänger Olaf Scholz (SPD). Den hatten nach 100 Tagen noch 43 Prozent positiv und 41 Prozent negativ bewertet.
Rückzug der Richterin
Der Rückzug der SPD-Kandidatin Frauke Brosius-Gersdorf für das Bundesverfassungsgericht hat die schwarz-rote Koalition spürbar belastet. Brosius-Gersdorf erklärte öffentlich, dass sie aus Teilen der CDU/CSU-Fraktion signalisiert bekommen habe, eine Wahl sei ausgeschlossen. Die SPD sieht darin eine parteipolitisch motivierte Kampagne, während die Union sich auf politisch-inhaltliche Differenzen beruft. Diese offen zutage getretene Vertrauenskrise verdeutlicht die Bruchkanten der Koalition, die bereits mehrere Krisengespräche erforderlich machte und Zweifel an der weiteren Stabilität der Zusammenarbeit aufgeworfen hat.
Rente
Union und SPD haben zwar ein Rentenniveau von 48 Prozent bis 2031 festgeschrieben und das Renteneintrittsalter bleibt vorerst unverändert. Die Finanzierung dieser Zusagen bleibt jedoch unsicher. Während die SPD eine Ausweitung des Kreises der Beitragszahler ins Gespräch bringt, befürchten Wirtschaftsexperten steigende Beitragssätze auf 21 Prozent und mehr. Arbeitgeber warnen vor höherer Belastung und die langfristige Finanzierbarkeit des Systems ist nicht gesichert, da der demografische Wandel voll durchschlägt – immer weniger Beitragszahler stehen immer mehr Rentnern gegenüber.
Krankenkassen
Die Zusatzbeiträge in der gesetzlichen Krankenversicherung steigen weiter; allein für 2025 werden Arbeitgeber und Arbeitnehmer mit weiteren 7,6 Milliarden Euro pro Jahr belastet. Experten warnen vor einem Beitrags-Tsunami – einer Schockwelle. Leistungskürzungen in der Pflege scheinen kaum zu vermeiden; der Gesamtsozialversicherungsbeitrag nähert sich der 43-Prozent-Marke. Die Wirtschaftsweisen fordern Einschnitte und Ausgabendisziplin – politisch sind aber vor allem Wunschvorstellungen im Koalitionsvertrag zu finden, konkrete Reformen fehlen bislang.
Die Koalition will höhere Beitragssteigerungen verhindern – setzt aber auf Steuerzuschüsse statt auf tiefgreifende Strukturreformen. Dies ist weder wirtschaftlich tragfähig noch nachhaltig, da Beitragssätze für Arbeitnehmer und Arbeitgeber weiter steigen müssen.
Wohnungsmarkt
Die Lage auf dem deutschen Immobilien- und Wohnungsmarkt bleibt angespannt. Der Neubau stockt massiv, das politisch angestrebte Ziel von 400.000 neuen Wohnungen jährlich wird weit verfehlt. Wohnraum ist besonders in Ballungszentren extrem knapp, es gibt fast zehn Millionen Menschen, die in Deutschland in überbelegten Wohnungen leben. Insbesondere Familien mit geringem Einkommen werden zunehmend aus den Städten verdrängt. Die Bauzinsen sind zwar zuletzt wieder leicht gesunken, bleiben aber auf hohem Niveau, während Immobilienpreise in Großstädten weiter steigen und ein Rückgang auf dem Land nur moderat einsetzt. Die Ursachen: Zuwanderung, stagnierende Bautätigkeit und demografische Effekte. Eine echte Immobilienblase wird aktuell nicht erwartet, aber strukturelle Marktprobleme verschärfen sich weiter.
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Die Israel-Politik offenbart eine existenzielle Richtungsdebatte innerhalb der Union und gefährdet die Geschlossenheit von CDU und CSU. Das Koalitionsverhältnis mit der SPD ist nach dem Richterinnen-Rückzug stark belastet; eine weitere Erosion des Vertrauens droht. In den Fragen Rente, Gesundheit und Sozialsysteme stehen schmerzhafte Anpassungen aus. Ohne substantielle Reformen drohen steigende Beiträge und Leistungskürzungen. Auf dem Wohnungsmarkt spitzt sich die Lage zu; soziale Spannungen sind wahrscheinlich, ein wohnungspolitischer Durchbruch ist nicht in Sicht.
Insbesondere im Sozialbereich und beim Wohnen dürfte der Konsens brüchig werden – massive politische Streitereien sind noch in dieser Legislaturperiode zu erwarten. Somit zeigt sich die Lage in der Koalition aus CDU/CSU und SPD derzeit als angespannt und von tiefen Konflikten geprägt, ihre Stabilität ist fragiler als zu Beginn der Legislaturperiode.