Hightech und Blech

Wackel-Elvis und Angela Merkel

See me, feel me, touch me Werbung herstellen, die mit starken Visuals arbeitet, um gesehen zu werden, ist das eine. Für das nachhaltige Verbleiben im Kopf des Betrachters zu sorgen, etwas anderes. Nur wenn beides zusammentrifft, haben Einsendungen beim Wettbewerb des ADC die Chance, eine Auszeichnung zu erhalten. Dazu das Rezept von André Kemper, Sprecher der Kreativ-Elite: "Werbung muss in den Bauch treffen, um im Kopf etwas auszulösen." Unter den 6228 Beiträgen vergab die Jury 12 mal Gold, 42 Silber- und 85 Bronzemedaillen. Dabei kam die Kombination prägnanter Bilder, kreativer Idee und Emotionalität auf die ersten Plätze. "Wackel-Elvis", wohl einer der populärsten Spots des Jahres, den Saatchi & Saatchi aus Frankfurt am Main für das Multitronic-Getriebe von Audi entwickelte, begeisterte auch die Fachwelt und erhielt zweimal Silber. Die spektakuläre und in den Medien viel diskutierte Angela-Merkel-Anzeige, nicht gerade schön, aber das kommunikative Highlight im Printbereich, bewertete die Jury mit Gold in der Kategorie Fach- und mit einer Silbermedaille in der Kategorie Publikumsanzeige.

Wenden wir uns subtileren Dingen zu. Kommunikation läuft über Bilder schneller. Dass sich aber über Bilder allein ein gesamter Dienstleistungsbereich in ein neues Licht setzen lässt, zeigt die Fotoarbeit "Altmodisch?" von Ester Haase. Sie verleiht dem sensiblen Thema Altenpflege durch Anmut neuen Mut. Einzigartig, ästhetisch und geradezu anrührend – und erhielt die einzige Goldmedaille in der Kategorie Fotografie. Im Bereich Illustration profilierte sich der Fotograf Dietmar Henneka mit der Einsendung "Sternzeichen", zwölf Bildern für einen Kalender von Mercedes-Benz. Ein guter Beitrag zur Belebung der Illustration in der Kommunikation. Das Gold für die hohe Kunst des Illustrierens sollte jedoch eher den Gestaltern selbst zuteil werden.

Zu Bildern muss für eine schnelle Kommunikation im Printmedium nicht mehr viel hinzukommen. So haben in diesem Bereich sechs von zwölf mit Medaillen bedachte Anzeigen keine Headlines, geschweige denn Copy. Sie funktionieren allein durchs Logo oder die Kombination mit wenigen Worten. Reduktion mit Emotion, intelligent gemacht. Das ist schwierig, dennoch gab es hierfür viele gelungene Beispiele. Das Niveau in der deutschen Werbung sei gestiegen – und das trotz der stagnierenden Budgets in den Zeiten der Rezession, verkündeten die Jurysprecher. Für den Laien sicher schwer nachvollziehbar, da er doch täglich hunderte von Kommunikationsimpulsen verkraften muss, die nicht nach ADC-Machart entstanden sind.

Der Bereich Design wurde in der Pressekonferenz als Thema komplett unterschlagen. Die Frage danach kann man sich ersparen, weil die Antwort von der im letzten Jahr wahrscheinlich nicht sehr abweichen würde. Da hieß es, der ADC wolle sich verstärkt um das Design kümmern. Aber gerade in diesem Jahr ist die Zahl der Beiträge hier deutlich zurückgegangen, und man hat nicht den Eindruck, dass das Eingesandte dem entspricht, was es bei vielen jungen Designbüros an Qualität zu sehen gibt. Müssen diese Sachen weiterhin nach Amerika geschickt werden, um Auszeichnungen zu erhalten? Woran liegt es, dass die Kombination aus Klassischem und eigenwillig Neuem nicht erkannt, sondern als Retro abgetan wird? Wer ist hier retro?

Warten wir weiter – ein guter Anfang zur Förderung des Designs ist immerhin mit dem internen Wettbewerb für die Gestaltung des ADC-Buches gemacht. Dieses Jahr haben Eva Jung und Lo Breier mit dem Konzept "Bauchgefühl" beeindruckt. Es kommt puristisch daher, das Besondere daran ist aber der plastische Silikoneinband, der bei bloßer Berührung schon ein gutes Gefühl vermitteln wird. Autor: Silke Juchter