Sonntagsfrage . Während in Berlin rund 500.000 Menschen allerlei Geschlechter ausgelassen den CSD 2025 feiern, rettet sich die Bundespolitik in die Sommerpause und erfrischt sich an den Stränden der ostfriesischen Nordsee oder auf dem grünen Hügel in Bayreuth. Nach nur wenigen Wochen und einer verbockten Neubesetzung am Verfassungsgericht zeigt sich Friedrich Merz (CDU) unbeliebter als sein Vorgänger Olaf Scholz (SPD).
Der Bundestag ist ja nun kein Zirkuszelt.
[ Friedrich Merz ]
Wenn am diesen Sonntag (27.7) Bundestagswahl wäre, dann bliebe die Union (CDU/CSU) mit zartem Vorsprung stärkste Kraft (25-30 Prozent). Die AfD befindet sich mit etwa 23 bis 25 Prozent auf Platz zwei – eine ungewöhnlich hohe Zustimmung auf Bundesebene. Die SPD hat ihre knappen Werte bei 13 bis 15 Prozent stabilisiert, bleibt aber deutlich abgeschlagen hinter Union und AfD. Grüne und Linke liegen recht nah beieinander, beide zwischen 10 und 13 Prozent. FDP und Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) liegen stabil im Bereich unter 5 Prozent. Weitere kleine Parteien bleiben für die Regierungsbildung bedeutungslos.
Momentan haben vor allem zwei Parteien die größten Chancen, das Wahlergebnis maßgeblich zu beeinflussen oder zu verändern. Dies sind die AfD und die Linke. Die AfD konnte bei der vergangenen Bundestagswahl einen historischen Stimmenzuwachs von 10,4 Prozent gegenüber 2021 und einen massiven Anstieg der Direktmandate vor allem in Ostdeutschland verzeichnen. Laut aktuellen Analysen ist sie die Partei mit dem stärksten Aufwärtstrend, sowohl beim Stimmenanteil als auch bei der Wählerbindung, was bei den anderen Parteien noch nicht in aller Konsequenz analysiert wurde, da es zumeist um Fragen von Migration und Integration geht.
Ebenfalls überraschend ist das Comeback der Linken, nachdem sie sich durch einen neuen Mitgliederrekord und eine klare sozialpolitische Positionierung zu Themen wie bezahlbaren Mieten und sozialer Gerechtigkeit aus dem Umfragetief herausgearbeitet hat. Die Partei konnte mit ihrer Spitzenkandidatin, einem starken Fokus auf soziale Themen und einer liberaleren Haltung in der Migrationspolitik insbesondere in Großstädten und bei jüngeren Wählern punkten. Die Linke hat also Potenzial, durch weitere Mobilisierung von Unentschlossenen oder Wechselwählern das Ergebnis zu verändern.
Die Union ist derzeit zwar stärkste Kraft aber profiliert sich vor allem in Themen der AfD, was diese noch stärkt. Bei Forsa werden Union und AfD erstmals paritätisch bei 25 Prozent gesehen. Die SPD stagniert auf niedrigem Niveau, und ein starker Umschwung ist derzeit nicht absehbar. Auch die Grünen wirken derzeit eher orientierungslos.
Mein Take:
Teile der Union haben die Bedrohung durch die AfD und die Verrohung der Diskurse noch nicht erfasst. Im Herbst muss die Manege neu hergerichtet werden, denn ein Zirkus zeigt ein buntes Programm und nicht nur die traurigen Clowns, die alles schwarz-braun anmalen.