Hightech und Blech

KAS halbiert CDU

Sonntags nach den Rechten sehen. Sein Ziel, die Unterstützung für die AfD zu halbieren, konnte Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) bislang nicht erreichen. Um wieder an Zustimmung zu gewinnen, braucht die Regierung Mut zu Reformen. Das meinen nicht nur Politikwissenschaftler sondern auch die der Union nahe stehende Konrad-Adenauer-Stiftung. In einer vergleichenden Studie zu rechtsextremen Parteien in Europa [PDF] kommt die Konrad-Adenauer-Stiftung zu dem klaren Ergebnis, dass eine Zusammenarbeit mit Parteien wie der AfD für die CDU und andere demokratische Parteien nicht ratsam ist – und zwar nicht nur aus normativen Gründen, sondern auch aus strategischer Sicht, da wiederholte Versuche in anderen europäischen Ländern nicht zur Zähmung, sondern oft zur Schwächung der konservativen Parteien geführt haben.

Wir können wieder bis zu 40% erzielen und die AfD halbieren. Das geht! Aber wir selbst müssen dafür die Voraussetzungen schaffen. Das ist unsere Aufgabe. [ @_FriedrichMerz ]

Die Studie unterscheidet mehrere Umgangsstrategien im europäischen Vergleich und betont, dass bei Parteien mit systemoppositionellem, antidemokratischem und autoritärem Charakter – wie bei der AfD – eine klare Trennlinie zu ziehen ist, da diese grundlegende demokratische Prinzipien ablehnen. Die konsistente Abgrenzung anstelle einer Kooperation darf man Brandmauer oder Firewall nennen. Bei Parteien des radikalen Spektrums, die zentrale Werte wie Rechtsstaatlichkeit, EU-Mitgliedschaft oder Solidarität mit internationalen Partnern verweigern, hat eine Einbindung oder Kooperation meist nur deren Legitimität und Attraktivität erhöht und die eigene Position der konservativen Mitte geschwächt. Erfolgreiche konservative Parteien in Ländern wie Schweden und Griechenland setzen auf klare inhaltliche Führung und kontrollierte Tolerierung, vermeiden aber eine vollständige Einbindung in die eigene Politik, um die eigene Identität und Glaubwürdigkeit zu wahren.

Diese Empfehlungen kann die Union nur schwer umsetzen, weil sie in der Analyse der Bundestagswahl ein Erstarken der AfD auf 21 Prozent von zuvor zehn der schlechten Politik der Ampel zuschreibt. Auch nach den Kommunalwahlen in NRW steht die CDU scheinbar stabil, weil vordergründig die Grünen und die SPD ihre Verluste an die AfD abgeben. Doch die instabile politische Landschaft wird auch für CDU und CSU zum Risiko. Die CDU sieht sich seit Jahren einer wachsenden Bedrohung durch die AfD ausgesetzt. In Phasen starker Konkurrenz – gerade auf kommunaler Ebene – entstehen immer wieder Rufe nach pragmatischen Kooperationen oder geduldeten Bündnissen, um Mehrheiten zu sichern.

Gerade auf Feldern wie Migration, Sicherheit oder Gesellschaftspolitik gibt es Überschneidungen in den Positionen beider Parteien, die den Druck auf rote Linien und Brandmauern erhöhen. Die AfD profitiert dabei, indem sie sich als scheinbar legitime Alternative zur Union inszeniert und diskursive Verschiebungen in der Polarisierung nutzt. Äußerungen von CDU-Funktionären – etwa über Kooperationen auf kommunaler Ebene – zeigen, wie schwer es der Partei fällt, eine konsequente Linie durchzuhalten. Intern ringen verschiedene Flügel zwischen liberaler Grundhaltung und rechter Öffnung. Die Studie macht deutlich, dass gerade durch das Aufweichen der Brandmauer konservative Parteien ihre eigene gesellschaftliche Bindekraft verlieren und die Wertedebatte weiter fragmentiert wird. Der gesellschaftliche Diskurs schwächt die Mitte. Etwas deutlicher: Friedrich Merz, Jens Spahn, Julia Klöckner und Markus Söder machen die Drecksarbeit der AfD.

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Die strategischen Herausforderungen im Umgang mit der AfD zeigen die Schwierigkeit konservativer Parteien Europas, eine klare Linie zu ziehen: Die CDU sollte den Erfahrungen ihrer EVP-Partner folgen und rechtsextreme Kräfte nicht einbinden. Die Realität ist jedoch von gesellschaftlichen Polarisierungen und innerparteilichen Machtkämpfen geprägt, die konsequente Abgrenzung erschweren. Die Versuchung, den kurzfristigen Wahlerfolg über die langfristige gesellschaftliche Stabilität zu stellen, ist groß – und birgt das Risiko, dass die Union selbst an Kraft und Identität verliert. Deutschlands Mitte ist gefordert, ihr Profil gegen autoritäre Versuchungen und diskursives Trittbrettfahren zu verteidigen, doch gerade das ist in Zeiten wachsender Radikalisierung wie nie zuvor eine Aufgabe ohne Gewissheit auf Erfolg.

Insgesamt ist es also nicht ein Mangel an Ratschlägen, sondern die tiefe strukturelle und gesellschaftliche Krise, die es der Union so schwer macht, den Empfehlungen der Studie dauerhaft zu folgen.