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Bericht von der WWDC-Keynote

„Take off for the rest of the year.“ Mit dieser Botschaft begrüßt der bereits aus der aktuellen Apple-Werbung bekannte Hi-ich-bin-ein-PC-Darsteller im Auftrag von Steve Jobs die Entwickler auf Apples diesjähriger Worldwide Developers Conference. Sie sollten sich zurücklehnen, den Anwender die Fehler in der Software herausfinden lassen und – wenn sie denn mögen – bei der Entwicklung von Vista helfen. Ein provokanter Willkommensgruß, der mit frenetischem Applaus quittiert wird. Dies ist der Bericht von Oliver Krüth aus San Francisco von der WWDC.

Die Keynote zur Entwicklerkonferenz findet an gewohnter Stelle statt, im kleinen Westflügel des Moscone Center in San Francisco. Laut Steve sind 4200 Entwickler aus 48 Ländern angereist sein. Apple selbst ist mit über 1 000 Entwicklern vor Ort. Wer studiert hat weiß, dass ein Tutor auf vier Lernwillige großes Erkenntnispotential birgt. In 140 Vorlesungen und 100 konkreten Workshops will Apple die Entwickler vom kommenden, für das Frühjahr 2007 angekündigte Mac OS X, Codename Leopard, mit den neuen Funktionen bekannt machen und für deren Einbindung in kommende Programm-Updates werben. Insgesamt zählt Apple 750 000 registrierte Entwickler.

Transition is over
Nach den obligatorischen Erfolgsmeldungen von den Apple Stores in den USA zieht Steve das erste Ass – nein, da alle Welt damit gerechnet hat ist es nur eine Karo Dame – aus dem Ärmel. Die Ära des PowerPC ist mit der Vorstellung vom Mac Pro als Power-Mac-Nachfolger und dem Xserve auf der Basis von Intels Xeon alias Woodcrest Geschichte. Damit hat der Wechsel der gesamten Produktpalette – vom iBook bis hin zum Xserve – hin zu Intel-Prozessoren nur 210 Tage gedauert. Zeit, ein Faktor, der während der gesamten Keynote immer wieder reflektiert wird.
Auch wenn der Mac Pro seinem Vorgänger stark ähnelt – Apple hat das Käsereiben-Design beibehalten, vorn finden sich allerdings zwei Öffnungen für die Medien optischer Laufwerke sowie einige Schnittstellen mehr – so zeigt sich im Innern ein komplett neu designter Rechner. Intels Xeon-Prozessor ist bei der Performance pro Watt deutlich leistungsfähiger und nimmt im Innern außerdem deutlich weniger Platz ein als IBMs G5. Der Lüfter des Grafikprozessors macht die Karte doppelt so breit wie bislang üblich. Dennoch können so wie bisher auch vier PCI-Express-Erweiterungskarten im Profi-Desktop verbaut werden. Die Festplatten (maximal vier) werden fortan unterhalb der optischen Laufwerke wie in einem Raid-System in einem Einbaurahmen befestigt und in den Rechner geschoben. Ein optischer Laufwerksschacht ist mit einem 16-fach SuperDrive belegt, der andere ist frei. Zum Thema Blu-ray ist kein Wort gefallen. Die acht RAM-Steckplätze können nunmehr statt 8 GByte maximal 16 GByte aufnehmen. Standard ist 1 GByte Arbeitsspeicher.

Die OS-Front
Stichwort Mac OS X: Steve lässt die Entwicklung von Mac OS X Revue passieren. Cheetah, die erste Version, erscheint im Frühjahr 2001. In den folgenden fünf Jahren bringt Apple mit Puma, Jaguar, Panther und Tiger vier große System-Updates heraus. Zählt man die Universal Binary von Tiger dazu, sind es sogar fünf. Was hat die Konkurrenz in den vergangen fünf Jahren geschafft, fragt der nun auf der Bühne stehende Bertrand Serlet, Senior Vice President of Software Engineering abschließend schelmich? Was nun folgt, ist Workout für die Bauchmuskeln. Mit dem Verweis auf die augenzwinkernde Aufforderung bei der Vorstellung von Mac OS X 10.4 aka Tiger vor zwei Jahren an gleicher Stelle: Redmond you can start your photocopyer. Bertrand zeigt anhand von Screenshots vom Spotlight, Safari RSS, Mail sowie iCal und deren Windows-Pendants, wie die neuen Features von Microsoft Vista denen von Tiger ähneln, um schließlich das bekannte Gleichnis vom Nutzen eines Originals und dessen Kopie zu bemühen.

Vorgeschmack auf Leopard
Mit etwas aufgesetzter Angst gesteht Steve schließlich, dass Apple diesmal nur zehn der neuen Funktionen öffentlich zeigt. Als könnte Microsoft vor der Auslieferung von Vista – derzeitiger Plan ist Frühjahr 2007 – noch mal eben so fünf vor zwölf ein paar neue Ideen kopieren und einbauen. Einige der zehn Funktionen ernten dann aber auch stehende Ovationen. Während die komplette, native Unterstützung von 64-Bit-Anwendungen unter Leopard – Tiger unterstützt nur auf dem UNIX-Layer aufsetzende 64-Bit-Applikationen, Cocoa- und Carbon-Anwendungen hingegen nur 32-bittig – mit mäßigem Beifall bedacht wird, steht das Auditorium bei der Demo von Time Machine Kopf. Bei dieser Technologie handelt es sich um ein automatisches Backup. Verlorene oder versehentlich gelöschte Dateien aus den Anfängen der Backupzeit können so ganz einfach wiederhergestellt werden– visualisiert wird die Suche über einen spiralförmigen Lichttunnel im Hintergrund.
Spaces nennt Apple die Möglichkeit, oft gemeinsam genutzte Programme zu einem Set zusammenzufassen (Safari und Mail, iWeb und iPhoto), um schnell zwischen einzelnen Umgebungen hin und her wechseln zu können.
Sprachlose Begeisterung macht sich während der Demo von Core Animation breit. Nach Core Audio (Panther), Core Image und Core Video (Tiger) führt Apple in Leopard Core Animation als Systemroutine ein. Anhand eines Bildschirmschoners aus animierten Musik-Covern demonstriert Scott, wie aus einem ursprünglichen Film die Assets nach ihren Bestandteilen in Ebenen getrennt (Text, Bild, Video, OpenGL) und dann separat animiert werden können. Der Code reduziert sich im gezeigten Beispiel von 40 000 Zeilen auf 4 000.

No one more thing
Der aus vergangenen Keynotes bekannte Joker: Einen hab’ ich noch, stach diesmal nicht. Steve zog weder überarbeitete MacBook Pro noch eine komplette Überraschung aus dem Hut. Die Anwesenden hat es nicht gestört.

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