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Fließbänder der Mobilität

VW-Rammstein-Kubelwagen · Bild: Midjourney

#fuckingfriday bei VW. Ein drohender Stillstand der VW-Bänder wegen fehlender Nexperia-Chips hat die deutsche Autoindustrie in Alarmbereitschaft versetzt. Noch läuft die Produktion, doch der Vorfall zeigt, wie verwundbar Europas Mobilitätskonzerne durch geopolitische Abhängigkeiten geworden sind.

Der niederländische Chiphersteller Nexperia, einst Teil von Philips und mittlerweile im Besitz des chinesischen Konzerns Wingtech, steht im Zentrum eines diplomatisch-industriellen Konflikts. Die niederländische Regierung entzog Wingtech Mitte Oktober die Kontrolle über Nexperia wegen Sicherheitsbedenken und möglicher Technologieabflüsse nach China. Peking reagierte mit einem Exportstopp – seither fließen keine Nexperia-Chips mehr aus China, wo ein Großteil der Bauelemente für die Endverarbeitung produziert wird.

Da Nexperia weltweit etwa 40 Prozent der einfachen Automobil-Halbleiter liefert, trifft dieser Stopp die gesamte Branche. Selbst wenn VW nicht direkt beliefert wird, sind zahlreiche Zulieferer von Nexperia abhängig – von Steuerungsmodulen bis zu simplen Dioden.

Volkswagen bereitet Szenarien vor, bleibt aber optimistisch. Laut Produktionsvorstand Christian Vollmer wurde ein alternativer Lieferant gefunden, der die kritischen Standardchips ersetzen kann. Dennoch hat VW vorsorglich Kontakt zur Arbeitsagentur aufgenommen und prüft Maßnahmen für mögliche Produktionsunterbrechungen im Stammwerk Wolfsburg, wo der Golf und der Tiguan gebaut werden.

Im Moment laufen die Werke regulär weiter, doch VW warnt intern vor dynamischen Entwicklungen und leeren Lagerbeständen. Auch andere Hersteller wie BMW und Mercedes-Benz beobachten die Situation aufmerksam – sie alle verbauen Nexperia-Komponenten in zentralen Steuerkreisen.

Die Krise zeigt erneut, dass Deutschland und Europa bei Basis-Halbleitern zu abhängig von Asien sind. Nexperia-Chips werden in Hamburg gefertigt, aber zur Weiterverarbeitung nach China verschickt – die kritische Stufe der Verpackung und des Dicing fehlt in Europa. Diese Lücke in der Wertschöpfungskette macht die Autoindustrie anfällig für politische Spannungen.

Um künftigen Stillständen vorzubeugen, braucht es strukturelle Maßnahmen:

  1. Ausbau regionaler Chipkapazitäten in Europa, insbesondere für Standard-Halbleiter. Projekte wie der European Chips Act und geplante Werke von Intel und TSMC in Magdeburg und Dresden sind Schritte in diese Richtung.
  2. Diversifizierung der Lieferketten durch Verträge mit unterschiedlichen Herstellern, etwa Infineon, STMicroelectronics oder Onsemi.
  3. Aufbau strategischer Chipreserven – ähnlich wie bei kritischen Rohstoffen – um Störungen abfedern zu können.
  4. Engere industriepolitische Abstimmung zwischen Deutschland, den Niederlanden und der EU, um Souveränität nicht nur bei High-End-, sondern auch bei Low-Cost-Chips zu sichern.

Die Nexperia-Krise ist damit mehr als ein Lieferproblem – sie ist ein Warnsignal. Europa muss seine technologische Selbstständigkeit beschleunigen, bevor Handelskonflikte die Fließbänder der Mobilität erneut zum Stillstand bringen.

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