
Mac-Montag. Sam Altman sieht die Zukunft der künstlichen Intelligenz in neuen Geräten, die ihre Umgebung wahrnehmen und nicht mehr wie klassische Smartphones oder PCs funktionieren. Diese Vision berührt direkt das Kerngeschäft von Apple und birgt für den Konzern sowohl Chance als auch Risiko, zumal Jony Ive und einige seiner Ex-Kolleg:innen von Apple schon für Open AI arbeiten.
Sam Altman beschreibt eine neue Klasse von Alltagsgeräten, die als drittes Kern-Device neben Laptop und Smartphone fungieren sollen und den Nutzer permanent, aber unaufdringlich begleiten. Geplant sind etwa tragbare Assistenten ohne Display, die Sprache, Umgebung und Handlungen erfassen und so Kontext verstehen, statt nur eingegebene Befehle abzuarbeiten. Damit soll sich KI schrittweise von der Chatbox auf dem Bildschirm hin zu einem allgegenwärtigen, körperlich präsenten Begleiter entwickeln.
Konzeptionell geht es darum, Mensch-Maschine-Interaktionen natürlicher zu machen: Sprache, Gesten, Kameras und Sensoren ersetzen klassische App-Icons und Menüs. Altman spricht von einer Familie KI-nativer Produkte, die deutlich stärker in den Alltag eingebettet sind als aktuelle Smartphones und Rechner. Für klassische Plattformen – und damit auch für Apple – stellt sich die Frage, ob sie diese Entwicklung treiben oder von neuen Playern getrieben werden.
Apple selbst bewegt sich bereits vorsichtig in Richtung ambient computing, also einer Umgebung, in der Rechenleistung überall präsent, aber selten sichtbar ist. Mit Geräten wie AirPods, Apple Watch und jüngst neuen Formen von Wearables hat der Konzern Stück für Stück Funktionen aus dem iPhone herausgelöst und auf mehrere, spezialisierte Geräte verteilt. Auch die Integration von KI-Funktionen in das Ökosystem, etwa bei On-Device-Spracherkennung oder personalisierten Vorschlägen, folgt dieser Logik.
Gleichzeitig setzt Apple stark auf eine enge Verzahnung von Hardware, Software und speziellen Chips, die bestimmte Aufgaben – Bildverarbeitung, maschinelles Lernen, Sensorfusion – lokal abbilden. Genau diese Fähigkeit, eigene Silizium-Generationen zu entwerfen und über Jahre hinweg zu optimieren, könnte im Zeitalter umgebungsbewusster KI-Geräte zum entscheidenden Vorteil werden. Denn solche Geräte brauchen energieeffiziente, immer aktive Sensorik und KI-Rechenleistung direkt am Körper oder im Raum, ohne dauernd auf die Cloud angewiesen zu sein.
Wenn Altman davon spricht, bis zu 100 Millionen neue KI-Geräte schneller in den Markt zu drücken, als jemals zuvor ein neues Produktsegment gewachsen ist, klingt das nach dem Anspruch, selbst einen iPhone-Moment für die KI-Ära zu erzeugen. OpenAI arbeitet dafür mit Jony Ive zusammen, jenem Designer, der über Jahre die Formensprache von iPhone, iPad und Mac geprägt hat – und dessen Ästhetik und Produktverständnis bis heute tief in der DNA Apples steckt.
Für Apple ist diese Konstellation ambivalent. Einerseits droht ein Szenario, in dem ein externer Akteur eine neue, KI-zentrierte Geräteklasse definiert, bevor Apple sie selbst besetzt. Andererseits könnten Altmans Projekte den Markt für genau jene Kategorie schaffen, in die Apple dann mit seiner Markenkraft und seinem Ökosystem nachstoßen kann – ähnlich wie beim Smartphone, wo Apple nicht das erste, aber das prägende Gerät lieferte.
Trotz der neuen Konkurrenz spielt die Vision der KI-Hardware Apple an mehreren Stellen in die Karten, denn Apple beherrscht die Massenproduktion hochwertiger Consumer-Hardware und den langfristigen Betrieb globaler Lieferketten – ein Feld, in das OpenAI erst einsteigt. Das Unternehmen verfügt mit iOS, macOS, watchOS und visionOS über ein gewachsenes Ökosystem, das neue Geräteklassen nahtlos einbinden kann, ohne jeden Dienst von Grund auf neu aufbauen zu müssen. Kernkompetenzen bei speziell entwickelten Chips und Sensorik – etwa Neural-Engines, Ultra-Wideband, Gesundheits- und Umweltsensoren – lassen sich relativ direkt in permanent präsente Geräte übertragen.
Wenn die Vision umgebungsbewusster KI-Geräte Realität wird, steigt der Bedarf an genau dieser Art integrierter Plattform, die Hardware, Software, Dienste und Datenschutz unter ein Dach bringt. Apple kann sich dabei als Anbieter vertrauenswürdiger KI-Hardware profilieren – mit Fokus auf Privatsphäre, lokaler Verarbeitung und Kontrollierbarkeit.
Ein weiterer Aspekt ist die Frage, wie eng OpenAI und Apple künftig zusammenarbeiten. Schon heute ist denkbar, dass Apple KI-Dienste externer Anbieter in seine Systeme integriert, zugleich aber eigene Modelle vorantreibt. Umgekehrt könnte OpenAI von der Verbreitung und der technischen Basis von Apple-Geräten profitieren, etwa indem KI-Funktionen direkt auf Apple-Chips optimiert werden.
Dabei entstehen zwei Szenarien:
- In einem kooperativen Szenario wird Altman mit seinen Geräten vor allem eine Art Referenz-Plattform etablieren, während Apple ähnliche Konzepte in seinen eigenen Produktlinien umsetzt.
- In einem kompetitiven Szenario positioniert sich OpenAI mit eigenständigen KI-Begleitern, die bewusst außerhalb der klassischen Plattform-Logik von Apple und anderen Platzhirschen stehen.
In beiden Fällen wächst der Markt für KI-basierte Geräte – und damit die Nachfrage nach hochwertiger Hardware, sicherem Betriebssystem-Design und langlebiger Infrastruktur, Bereichen, in denen Apple ohnehin aktiv ist. Altmans Vision ist damit weniger eine direkte Bedrohung als ein Katalysator für einen Markt, der Apples Stärken eher vergrößert als verkleinert.

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