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Nicht mehr konservativ genug

Demokratie am Donnerstag. Nachgereicht werden soll die Analyse der beiden Landtagswahlen vom vergangenen Sonntag (8.10). Gewählt wurde in den beiden Bundesländern Hessen (schwarz-grün) und Bayern (CSU/Freie Wähler) stellvertretend für etwa einem Viertel der deutschen Bevölkerung.

Bayern

Vor fünf Jahren wollte Markus Söder noch mit der Bavaria One in den Weltraum. Jetzt geht er nur noch ins Bierzelt. Dort verspricht der Ministerpräsent von Bayern seinem Wahlvolk: „Bayern soll Bayern bleiben, auch wenn die ganze Welt verrückt spielt.“

Ergebnis Bayern-Wahl 2023

In Bayern wählen robuste 70 Prozent irgendwie rechts, stramm rechts und hart rechts.

Also besser kann Markus Söder (CSU) seinen Veränderungsunwillen nicht auf den Punkt bringen. Umso bedenklicher, dass 16,2 Prozent der frei und alternativ Wählenden in Bayern die CSU für einfach nicht mehr konservativ genug befinden. In der Wahrnehmung hat sich die CSU schon zu sehr vom konservativem Kernwähler entfernt. Insgesamt wählen in Bayern robuste 70 Prozent irgendwie rechts, stramm rechts und hart rechts. Nicht einmal antisemitische Flugblätter und andere Warnsignale halten davon ab. Alle roten Linien und roten Ampeln werden überfahren.

einfach nicht mehr konservativ genug

Die CSU ist keine Volkspartei mehr, wenn die Union einfach nicht mehr konservativ genug ist.

Soziologen sprechen von einer Polykrise, da sich mehrere Probleme überlagern. Denn fast zwei Drittel der Wahlberechtigten in Bayern machen sich Sorgen, dass der Klimawandel die Lebensgrundlagen zerstört, die Kriminalität zunimmt oder die Einwanderung Deutschland überfordern könnte. Auch der Ukraine-Krieg und die Angst, den Lebensstandard nicht halten zu können, machen vielen Menschen Angst. Mit Veränderungsunwillen wird Söder diese Herausforderungen nicht meistern. Nicht im Amt und nicht im Bierzelt. Prost.

Hessen

Ganz im Gegensatz zum Söder-Markus kann der hessische Ministerpräsident Boris Rhein vom bundesrepublikanischem Ampel-Frust profitieren. Es gab keine Wechselstimmung, dafür sorgenvolle Wähler – und die Ampelparteien verloren massiv an Vertrauen: Das sind die wesentlichen, aber nicht alle Gründe für das Ergebnis der Landtagswahl in Hessen.

Ergebnis Hessen-Wahl 2023

Trotz Lübcke-Mord, NSU 2.0 und dem NSU sucht der Hesse sein Heil am rechten Rand: 18 Prozent AfD

Den Ampelparteien schadete nicht zuletzt, dass in der Gesellschaft wegen der Probleme, die hinter den wahlentscheidenden Themen stehen, eine sorgenvolle Grundstimmung herrscht. Drei Viertel der Menschen sind beunruhigt. Aber, dass genauso viele eine andere Asylpolitik – sogar jeweils die Hälfte der Wähler von SPD und Grünen – fordern, wird die wirtschaftlichen und sozialen Probleme nicht lösen. Nicht einmal mehr 30 Prozent trauen einer SPD zu, „am ehesten für soziale Gerechtigkeit“ zu sorgen.

..sorgt am ehesten für soziale Gerechtigkeit ..

Nicht einmal mehr 30 Prozent trauen der SPD zu, „am ehesten für soziale Gerechtigkeit“ zu sorgen.

Insgesamt wählen in Hessen mit der frankfurter Keimzelle des NSU 2.0 und mit dem Verfassungsschutzmitarbeiter Andreas Temme am Tatort des NSU – zu dem auch die regierenden Grünen einen Untersuchungsausschuß verhindern, weil das so parlamentarische Gepflogenheiten sind – stabile 61,5 Prozent irgendwie rechts, stramm rechts und hart rechts. Nicht einmal der vom AfD-Sympathisanten Stephan Ernst mit einem Kopfschuss hingerichtete Landrat Walter Lübcke (CDU) hält irgendwen davon ab, sein Heil am rechten Rand zu suchen. Diesen Schuss vor den Bug hören auch die Grünen nicht.

[ tagesspiegel.de, tagesschau.de/wahl, hessenschau.de/politik/landtagswahl ]

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