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Endlich frei

Schluss mit den Doktorspielen

Bild von Guttenberg-Demo am 5. März 2011 in Hamburg

Gestern (23.11) stellte die Staatsanwaltschaft Hof das strafrechtliche Ermittlungsverfahren gegen Karl-Theodor zu Guttenberg ein. Gericht und Staatsanwaltschaft halten fest, in der Doktorarbeit des Ex-Ministers befinden sich Textpassagen, die vom Verfasser kopiert wurden. Hinter den Kulissen wurde vorab verhandelt. Guttenberg und das Amtsgericht haben bereits zugestimmt. Guttenberg hat sogar die Zahlungsauflage bereits erfüllt, bevor die Presseerklärung veröffentlicht wurde. Das mag im juristischen Alltag ein normaler Vorgang sein, glaubwürdiger wird Karl-Theodor zu Guttenberg dadurch nicht. Der Abschlussbericht der Universität Bayreuth spricht deutlich von vorsätzlichen Täuschungen (pdf), also: Betrug.

Universität Bayreuth: Nach eingehender Würdigung der gegen seine Dissertationsschrift erhobenen Vorwürfe stellt die Kommission fest, dass Herr Freiherr zu Guttenberg die Standards guter wissenschaftlicher Praxis evident grob verletzt und hierbei vorsätzlich getäuscht hat.

Den Betrug immer noch nicht zuzugeben, sondern in einer Kampagne von Zeit (23.11 – unmittelbar nach der Hofer-Erklärung zur Einstellung des Verfahrens) und Spiegel (19.11) mit der Möglichkeit einer Rückkehr auf die „politische Bühne“ zu kokettieren – mal davon abgesehen, welcher Politik-Begriff damit einhergeht – das ist der nächste Betrug. Guttenberg ist und bleibt ein substanzloser Blender.

Lesenswert sind in diesem Zusammenhang der gestrige Kommentar bei der taz, Bumerang Promibonus, sowie aus der heutigen Financial Times, Guttenberg bleibt unglaubwürdig.

Seine Anhänger quält der Phantomschmerz so sehr, dass sie jetzt wieder seine rasche Rückkehr in die Bundespolitik herbeireden. Und Guttenberg befeuert dieses irrationale Sehnen noch mit einem Interviewbuch mit dem vielsagenden Titel „Vorerst gescheitert„. Nun ist es bislang keinem auch noch so ehrgeizigen Politiker gelungen, sich selbst in ein Amt zu schreiben. Das dürfte auch dem Freiherrn nicht gelingen, zumal der es ja nicht besonders genau nimmt mit der Ehrlichkeit.
[ ftd.de – Link zu herder.de von mir ]

Aus dem Uni-Bericht vom 11. Mai 2011:

Über die ganze Arbeit verteilt fänden sich Stellen, die als Plagiat zu qualifizieren seien. Besonders deutlich lasse sich dies anhand der verwendeten Ausarbeitungen des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages veranschaulichen. Herr zu Guttenberg habe sich immer wieder die Autorschaft angemaßt, was bewusstes Vorgehen voraussetzt. Dafür sprächen eine Vielzahl von Indizien – etwa Umformulierungen der Originaltexte, Umstellung der Syntax, Verwendung von Synonymen sowie einzelne Auslassungen.
[ PDF ]

Die Zeit vom 24. November 2011

Zeit heilt alle Wunden. Guttenberg auf dem Titel der Wochenzeitung: Mein ungeheuerlicher Fehler.


Bevor die Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft Hof vom Netz genommen wird, steht sie hier im vollen Wortlaut. Hervorhebungen von mir.

23. November 2011 – Pressemitteilung 14/11

Ermittlungsverfahren Karl-Theodor zu Guttenberg

HOF.

Das Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Hof gegen Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg ist abgeschlossen. Ihm lag die unerlaubte Verwertung urheberrechtlich geschützter Werke nach § 106 Abs. 1 Urheberrechtsgesetz durch die Übernahme fremder Textpassagen in seine Dissertation „Verfassung und Verfassungsvertrag. Konstitutionelle Entwicklungsstufen in den USA und der EU“ zur Last. Nach vorheriger Zustimmung durch das Amtsgericht Hof wurde nun das Verfahren nach Zahlung einer Geldauflage von 20.000,00 € an die Deutsche Kinderkrebshilfe durch die Staatsanwaltschaft Hof gemäß § 153a Abs. 1 StPO eingestellt. Zu einer gerichtlichen Hauptverhandlung kommt es deshalb nicht.

Bei der Staatsanwaltschaft Hof sind insgesamt 199 Strafanzeigen eingegangen, wovon jedoch lediglich eine von einer betroffenen Rechteinhaberin stammte. In aufwändiger Recherchearbeit durch Polizei und Staatsanwaltschaft wurde die gesamte Doktorarbeit des früheren Verteidigungsministers untersucht. Maßstab der strafrechtlichen Prüfung war dabei, in welchem Umfang wörtlich übernommene Textstellen fremder Autoren ohne entsprechende Angabe der tatsächlichen Herkunft in der Dissertation vorhanden sind, die dem strafbaren Urheberrechtsschutz nach § 106 Abs. 1 Urheberrechtsgesetz unterliegen. Bei weitem nicht alle übernommene Stellen fallen dabei unter den Urheberrechtsschutz nach § 106 Urheberrechtsgesetz, sondern nur solche, die Werkqualität haben, also persönliche geistige Schöpfungen sind. Da bei wissenschaftlichen Schriftstücken der wissenschaftliche Inhalt als solcher nicht urheberrechtsfähig ist, muss sich die schöpferische Eigentümlichkeit aus der Art und Weise der Darstellung ergeben, wobei hieran hohe Anforderungen zu stellen sind. Auch Tatsachen und Meinungen unterliegen keinem Urheberrechtsschutz. Aus der Dissertation konnten jedenfalls 23 Textpassagen als strafrechtlich relevante Urheberrechtsverstöße herausgearbeitet werden.

Das Urheberrecht schützt im Wesentlichen die Verwertungsrechte der Urheber, mithin deren wirtschaftliche Interessen. Vorliegend ist der wirtschaftliche Schaden der verletzten Urheber aber nur marginal. Auch hat der nicht vorbestrafte Beschuldigte selbst keine wirtschaftlichen Vorteile aus seiner Doktorarbeit gezogen. Deshalb sind Gericht und Staatsanwaltschaft zu dem Ergebnis gelangt, dass eine Zahlungsauflage von 20.000 € an eine gemeinnützige Organisation das öffentliche Interesse an der Strafverfolgung beseitigt. Dem hat der Beschuldigte zugestimmt und die genannte Geldauflage bereits geleistet, so dass das Ermittlungsverfahren von der Staatsanwaltschaft Hof endgültig eingestellt wurde.

Da die Staatsanwaltschaft zur umfassenden rechtlichen Überprüfung eines Verhaltens verpflichtet ist, wurde insbesondere auch geprüft, ob eine Untreue oder ein Betrug zum Nachteil der Bundesrepublik Deutschland durch Inanspruchnahme der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages oder ein Missbrauch von Titeln durch unberechtigte Führung des Titels „Dr. jur.“ vorgelegen haben. Ein strafbares Verhalten des Beschuldigten konnte insoweit nicht festgestellt werden.

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