
Download am Donnerstag. Cory Doctorows Buch Enshittification untersucht, warum digitale Plattformen wie soziale Netzwerke oder Online-Shops über die Zeit immer schlechter werden und wie dieser Prozess durch profitgetriebene Entscheidungen vorangetrieben wird. Doctorow prägte den Begriff Enshittification für den typischen Zerfall digitaler Dienste, den er als eine Abfolge von Phasen beschreibt: Zuerst bieten Plattformen viel Nutzen, um Nutzer anzulocken, dann verschiebt sich der Fokus von Nutzererfahrung auf die Gewinnsteigerung für Geschäftskunden, schließlich werden alle Beteiligten ausgequetscht, um den Profit für die Anteilseigner zu maximieren.
Doctorow beschreibt Enshittification nicht als technischen Defekt, sondern als Strategie, die sich bei sämtlichen Plattformen zeigt: Nutzer werden mit Komfort und Innovation angelockt, Unternehmen werden eingebunden, und irgendwann wird das System so gestaltet, dass möglichst viel Geld aus beiden Gruppen herausgepresst wird – oft auf Kosten von Transparenz, Datenschutz und gesellschaftlichem Wohl. Ursachen sieht Doctorow vor allem in den monopolistischen Strukturen der Plattformen und ihrer Möglichkeit, Nutzer und Kundschaft durch Netzwerkeffekte und Lock-in-Mechanismen an sich zu binden. Enshittification betrifft nicht nur Internetdienste, sondern nachvollziehbar auch andere digitale und analoge Infrastrukturen.
So fordert Doctorow eine Rückkehr zum End-to-End-Prinzip, bei dem Plattformen sich darauf beschränken, Dienste zuverlässig bereitzustellen, statt eigene Geschäftsinteressen durchzusetzen. Er plädiert für Interoperabilität, Ausstiegsrechte und die Möglichkeit, Daten einfach von einer Plattform zu einer anderen mitzunehmen, um fairen Wettbewerb und Nutzerautonomie wiederherzustellen. Neben der Kritik zeigt Doctorow auch Hoffnung und ruft Einzelne, Gesellschaft und politische Akteure auf, aktiv für bessere, weniger ausbeuterische digitale Systeme einzutreten.
Meine 3 Cent
Doctorows Buch liefert einen pointierten, bildhaften Begriff für eine weit verbreitete gesellschaftliche Erfahrung und bietet damit eine Sprache für das Unbehagen gegenüber Big Tech. Die klare Analyse und seine Lösungsvorschläge könnten dazu beitragen, politische Debatten über Regulierung und Nutzerrechte voranzubringen, und stärken das Bewusstsein für die Notwendigkeit von Alternativen zu den bestehenden monopolistischen Plattformen. Damit leistet „Enshittification“ einen wertvollen Beitrag für Orientierung, gesellschaftliche Mobilisierung und die Hoffnung auf eine bessere digitale Zukunft.

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