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MACup Interview mit Pascal Cagni, Apple Europa

Kein Big Bang in Europa Apples Vizepräsident für Europa, Pascal Cagni, weiß, dass US-zentriertes Marketing in Deutschland nicht zieht. Im MACup-Interview während der Macworld Expo in New York beschreibt er Apples Strategie und die schwierige Marktsituation

MACup: Apple machte 32 Millionen Dollar Gewinn im jüngsten Quartal. Wie liefen die Geschäfte in Europa?
Pascal Cagni: Wir wollten einen weltweiten Umsatz von 1,6 Milliarden US-Dollar erreichen, schließlich waren es 1,43 Milliarden. Der interessante Aspekt ist, dass Europa im Vorjahresquartal (Q3) weniger als 20 Prozent von Apples Geschäft ausmachte. In diesem Jahr sind es mehr als 20 Prozent. Zusammenfassend lässt sich feststellen: Wir sind sicherlich nicht schlechter, aber auch nicht besser als im vergangenen Jahr.

MACup: Wie erklären Sie sich diese Situation?
Pascal Cagni: Zum einen ist auf die wirtschaftliche Situation zu verweisen. Europa erlebt nun den wirtschaftlichen Abschwung, den wir in den USA in Q4 im Jahr 2001 hatten. Dazu kommt, dass ein Wahljahr, wie wir es jetzt in Europa haben, die Wirtschaft eher lähmt, da wichtige Entscheidungen aufgeschoben werden.

MACup: Wann wird es wieder aufwärts gehen?
Pascal Cagni: Wir sind vielleicht noch nicht in der Talsohle angelangt. Die Wirtschaftsskandale bei Enron, WorldCom und so weiter belasten den Markt und es ist anzunehmen, dass sie einen Vertrauensschwund beim Verbraucher zur Folge haben, der sich in ausbleibenden Privatkäufen äußert. Aber ich weiß, dass Apple seine Arbeit richtig macht. Ich kann nicht glauben, dass wir in Q4 und nach den Wahlen keinen Aufschwung erleben werden. Dazu kommt, dass der Euro in Q4/2002 oder im Frühjahr 2003 für einen weiteren Aufschwung sorgen könnte. Ich bin also nicht grundsätzlich pessimistisch. Im Gegenteil, für Apple bin ich sogar sehr optimistisch, was die Lage in sechs bis neun Monaten angeht.

MACup: Thema Marketing: Die Switch-Kampagne ist laut Apple erfolgreich. Was will Apple in Deutschland machen?
Pascal Cagni: Die Switch-Kampagne ist nur die Spitze des Eisbergs. Für uns gilt wie für jedes Unternehmen, dass wir gute Marktbedingungen brauchen, und wir haben uns Gedanken gemacht, wie wir unter diesen Bedingungen profitabel bleiben. In einem Markt, der abnimmt, kann man kein normales Wachstum erwarten. Wir brauchen neue Produkte, die sich an neuen Zielen orientieren. Die haben wir und mit der Switch-Kampagne adressieren wir einen Markt, der uns Wachstum verschaffen kann. Wir müssen die lokalen Märkte analysieren und können die Kampagne nicht einfach übersetzen und lokalisieren. Die Analyse braucht Zeit, wir müssen uns mit unseren lokalen Kunden unterhalten. Wir werden aber daran arbeiten.

MACup: Wird es eine große europäische Aktion geben?
Pascal Cagni: Es wird keine Big-Bang-Aktion sein, sondern wir werden Schritt für Schritt vorangehen. Dies wird uns gelingen, da wir noch nie so viele Assets hatten. In schwierigen Zeiten sieht man die Gewinner von morgen.

MACup: Während Apple auf der Macworld Expo mit Switch auf den Verbraucher- und Windows-Markt zielt, bleiben andere Märkte außen vor. Unternehmen wie Microsoft, Adobe, Quark oder Macromedia setzen mehr und mehr auf Server- und Enterprise-Produkte.
Pascal Cagni: Eine Macworld Expo ist ein Platz für Verbraucher. Hierhin kommen Zehntausende von Menschen, die an Macs interessiert sind. Deshalb sind wir Verbraucher-orientiert. Aber die wichtigste Ankündigung war Mac OS X. Und Mac OS X ist in allen Bereichen sowohl Verbraucher-orientiert als auch professionell. In den vergangenen zwei Monaten haben wir nahezu jede Woche ein neues Produkt vorgestellt. Wir haben etwa mit Xserve sehr wohl ein Produkt präsentiert, das sich an professionelle Anwender richtet. Wir bauen derzeit unsere Service-Infrastruktur aus, verbessern die Trainings und verfolgen auch hier den Schritt-für-Schritt-Ansatz. Wir müssen an die Unternehmen herantreten und sie fragen, warum sie Windows XP, Solaris oder ähnliche Serverplattformen verwenden wollen.

MACup: Ich denke, es fehlt an Apples Commitment gegenüber den Unternehmen. Apple und seine Produkte werden nicht als ernsthafte Größen angesehen. Meistens stoßen sie auf den Widerstand der technischen Leiter. Wie erklären Sie etwa einer Versicherung, dass es für ihre Corba-Clients keine Mac-Fassung gibt? Es geht doch schon bei der Zusammenarbeit mit Software-Herstellern los.
Pascal Cagni: Die wahre Arbeit, die wir noch leisten müssen, ist, pragmatisch zu sein. Wir müssen lernen, unsere Produkte effektiv zu promoten. Und zwar Kernprodukte, die beim Wechsel auf Mac OS X helfen und einen Mehrwert bieten. An dem Tag, an dem QuarkXPress für Mac OS X auf dem Markt ist, werden Sie sehen, dass viele Unternehmen Interesse an Mac OS X zeigen.

MACup: Der professionelle Fokus wird also wichtiger?
Pascal Cagni: Wir haben die professionellen Anwender im Visier. Wir müssen uns jedoch anstrengen, besser zu werden. Nehmen wir etwa FinalCut Pro: Unsere Video-Software muss den Stellenwert von Photoshop erreichen. Sie muss im Bereich Video-Editing das werden, was Photoshop im Desktop Publishing ist. Autor: mst

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