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Facebook und das #datenleckmichamarsch

mad-magazine

Daten, Daten, Daten. Im laufenden Datenskandal versprach Mark Zuckerberg vor einer Woche, in Zukunft bessere Arbeit zu machen. Wenn wir das nicht können, haben wir diese Verantwortung nicht verdient. Dafür benötigen er und sein Unternehmen vor allem eines: Zeit. Jahre wird es dauern, bis Facebook sich selbst am Schopf gepackt und aus dem Sumpf gezogen hat.

We will dig through this hole, but it will take a few years.
[ Mark Zuckerberg ]

Will hier etwa wer den jungen Gründer und Mulitmiliardär Mark Zuckerberg mit Hieronymus Carl Friedrich von Münchhausen, dem Lügenbaron, vergleichen? Die vergangenen zwei Wochen müssen für Zuckerberg wie ein Ritt auf der Kanonenkugel gewesen sein. Am Karfreitag gab Zuckerberg ein Interview bei vox.com. Dort stellt Ezra Klein, der sich direkt nach dem Gespräch in eine Schaffenspause bis Juni verabschiedet, keine harten Fragen.
Gestern stellte sich Zuckerberg einem Q&A on Privacy für Journalisten.
Kommende Woche wird sich Zuckerberg noch den Fragen des Kongresses stellen. Zudem werden Top-Leute von Facebook in London vorgeladen werden. Der Ritt geht noch weiter.

Hier geht es wirklich um eine Bedrohung von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit. Facebook ist nicht im rechtsfreien Raum, und das müssen wir auch deutlich machen.
[ Katarina Barley, SPD Bundesjustizministerin ]

Dieses Ausmaß ordnet die Datenaffäre rund um Cambridge Analytica ein als eine Affäre von Facebook. In allen Stellungsnahmen bleibt stets das Gefühl zurück, Zuckerberg versteht nicht, was ihm vorgeworfen wird, denn es waren doch die Winklevoss-Zwillinge, die das Netzwerk erfunden haben.
Facebook sei so groß, das könne man gar nicht richtig machen.
Dazu – und das wird oft vergessen – gehören auch unterschiedliche Auffassungen von Daten, Informationen, News und Datenschutz bei Facebook, seinen Nutzern und Politikern, die im Angesicht der Affäre regulierenden Aktionismus vortäuschen.

Jede Würstchenbude in Deutschland wird besser kontrolliert als ein Unternehmen wie Facebook.
[ Konstantin von Notz, Bündnis 90 Grüne ]

Facebook erzeugt viel mehr Daten von jedem Nutzer als dieser sich selbst als Download bei Facebook zurückholen kann. Zu jedem Internet-Nutzer wird ein Schattenprofil angelegt. Facebook verkauft auch keine Daten, denn Facebook geht es nicht um Daten – jedenfalls nicht primär, sondern um Engagement auf der Plattform. Die Nutzer sollen verweilen, auf Content, News und Ads in ihrem Netzwerk reagieren und länger auf der Plattform bleiben. Für 2018 ist die Losung ausgegeben, dass dieses Engagement in irgendeiner Form „meaningfull“ und in der jüngsten Wendung „positive“ sein sollte.
Für dieses Ziel verkauft Facebook keine Daten. Facebook stellt einen Teil seiner Daten über die Nutzer zur Verfügung. Einfach so. Vereinfacht sogar. APIs setzen die Standards für die Datenabfragen. Denn: Facebook verkauft Aufmerksamkeit und Reichweite. Jeder, der Facebook hilft, dieses Ziel zu erreichen, ist willkommen.

Daten im Doppelpack

In der Logik von Zuckerberg und Facebook funktioniert dieses Modell um so besser je mehr Daten – oder neutraler – Informationen von einem Nutzer, über einen Nutzer und aus seinem Netzwerk angelegt, erfasst und ge-teilt werden. Daher gibt es Schnittstellen für Datenabfragen. Insofern ist die Mitteilung vom 4. April 2018 bei Facebook bemerkenswert: An Update on Our Plans to Restrict Data Access on Facebook. Diese Mitteilung bestätigt, wie einfach es Facebook seinen Partnern, App-Entwicklern und Anzeigenkunden macht, Daten – oder neutraler – Informationen aus dem Netzwerk zu ziehen. Gemacht hat, denn jetzt plant Facebook, den Zugang zu Daten teilweise einzuschränken und in einigen Bereichen so etwas wie eine Kontrolle einzuführen.

  • Events API .. have information about other people’s attendance as well as posts on the event wall ..
  • Groups API .. will no longer be able to access the member list of a group ..
  • Pages API .. let apps access more data than necessary ..
  • Facebook Login .. need to approve all apps that request access to information such as check-ins, likes, photos, posts, videos, events and groups ..
  • .. deprecation of the Instagram Platform API effective today ..
  • Search and Account Recovery: .. we believe most people on Facebook could have had their public profile scraped in this way ..
  • Last week we announced our plans to shut down Partner Categories, a product that lets third-party data providers offer their targeting directly on Facebook.
  • App Controls sollen am 9. April 2018 kommen

In total, we believe the Facebook information of up to 87 million people — mostly in the US — may have been improperly shared with Cambridge Analytica.
[ Mike Schroepfer, Chief Technology Officer, fb.com (4.4) ]

fb-cambridge-analytica

Daten der meisten Nutzer auf Facebook sind nicht ausreichend geschützt. Sie waren es nie. Sie werden es auch nicht sein, denn Facebook entscheidet, welche Apps die standardisierten Schnittstellen nutzen dürfen. Daher kann Facebook auch nicht sagen, wessen Daten und welche Daten bei Cambridge Analytica gelandet sind – improperly shared.

  1. 50 Millionen – wie von den Whisleblowern verraten – jedenfalls nicht.
  2. Bis zu 87 Millionen, davon mehr als 1 Million in UK und rund 310.000 in Deutschland – vermutet Facebook.
  3. Oder 30 Millionen, die Cambridge Analytica gekauft haben will.

Und dann muss man sich noch damit beschäftigen, was Facebook inhaltlich mit Schmuddel-Partnern wie Cambridge Analytica auf der Plattform veranstaltet hat. Zu klären ist auch die Rolle von Palantir, einer Firma von Facebook-Aufsichtsrat-Mitglied Peter Thiel. Zu klären ist die Trump-Bannon-Farrage-Assange-Verbindung. Hinterfragt werden muss, warum Zuckerberg die US-Wahlen, die Wahlen in Frankreich und Deutschland nicht aber das Brexit-Referendum thematisiert.
Angesprochen werden muss die Rolle von Facebook in autoritären Systemen wie in Myanmar, auf den Philipinen und Wahlen in Afrika wie etwa Somalia und Kenia.
Die Anwesenheit russischer Trolle räumte Facebook bereits ein. Neuere Analysen bestätigen einen wahlentscheidenden Einfluss von Fake News für Donald Trump [ washingtonpost.com ], obwohl frühere Berichte lediglich eine große Reichweite aber einen minimalen Effekt gefunden hatten [ nyti.ms ].

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Die Facebook-Affäre rund um die Daten bei Cambridge Analytica zeigt, dass Facebook sein Netzwerk kontrolliert und nicht seine Daten in diesem Netzwerk. Denn die Daten sind das Öl, das die Verbindungen schmiert. Die Daten sind auch der Rohstoff für Informationen, die die Nutzer im Netzwerk gefangen halten. Und weil Facebook jeden zweiten Internet-Nutzer erreicht, geht es uns alle an, was und wie und wie was bei Facebook passiert. So jedenfalls geht es nicht weiter: #datenleckmichamarsch

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Eine Antwort auf Facebook und das #datenleckmichamarsch

  1. Matthias 20. April 2018 bei 13:22 #

    Der Mitgründer und Vorstandsvorsitzender des Softwareunternehmens Palantir Technologies Alexander Karp wird in den Aufsichtsrat des Verlages und Medienhauses Axel Springer gewählt.

    „Zu Palantirs Kunden gehören Verteidigungsministerien, Nachrichtendienste und Wirtschaftsunternehmen aus der Energie- und Gesundheitsbranche. Ebenfalls ein Mitgründer des Technologieunternehmens ist der bekannte Investor Peter Thiel, der bei der US-Wahl den späteren Präsidenten Donald Trump unterstützte.“

    http://j.mp/2F37wTg

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